Kundenscoring, Inkasso und Payment by Payment Bezahlen mit dem Gesicht: Warum immer mehr Marken in Biometrie investieren (2/2) „ Woher weiß ein Callcenter, dass vor dem Bildschirm tatsächlich die berechtigte Person sitzt?“ (Gereon Tillenburg, Geschäftsführer, Twinsoft) Seite 2 t f o s n i w T : d l i B „Biometrische Lösungen sollten schon aus Gründen des Datenschutzes und der Benutzerakzeptanz nur eine von mehreren Alternativen sein.“ (Andreas Wolf, Principal Scientist Biometrics, Bundesdruckerei) i e r e k c u r d s e d n u B : d l i B Selbst die Authentifizie- rung im Internet - oft mit dem Einscannen von Dokumenten verbunden - wird schon bald we- sentlich schneller und einfacher vonstattenge- hen: ein Klick reicht. Forsetzung von Seite 1 Oder beim Autofahren: Die neue S-Klas- se von Mercedes öffnet das personalisier- te Display im Innenraum per Fingerprint oder Gesichtserkennung. Continental und Hyundai arbeiten daran, dass sich Autotüren per biometrischer Authentifizierung öffnen lassen. Auch Motoren könnten künftig flächende- ckend nur noch mit dem richtigen Fin- gerabdruck starten - eine doppelte Dieb- stahlsicherung. Identifizieren mit dem Smartphone Die Zahl potentieller Anwendungen ist schier grenzenlos. Überall, wo Menschen sich identifizieren müssen, um bestimm- te Leistungen abrufen zu können, haben biometrische Systeme ihren Platz. Zum Beispiel an Computern mit Zugang zu sensiblen Daten. „Woher weiß ein Callcenter, dass vor dem Bildschirm tat- sächlich die berechtigte Person sitzt?“, umreißt Gereon Tillenburg, Geschäfts- führer des Darmstädter Biometrie-Spe- zialisten Twinsoft, eine alltägliche Nut- zungssituation. „Wir haben eine Lösung entwickelt und sie in unsere biometrische Management- Suite BioShare integriert. In zufälligen Abständen erscheint ein QR-Code auf dem Bildschirm, den der Mitarbeiter mit seinem Smartphone abfotografieren muss, um weiter arbeiten zu können. Dessen Daten sind in BioShare abge- speichert, so dass der Fingerabdruck oder das Gesicht des Besitzers identifi- ziert werden kann. Stimmen die mit den Mitarbeiterdaten des Callcenters über- ein, erfolgt die Freigabe.“ „Voraussichtlich ab Herbst dieses Jahres können sich Bürger im Netz auch mit ihrem Smartphone aus- weisen - als Sicht- oder Reiseausweis ist dieser digitale Identitätsnachweis aber nicht gedacht“, kündigt Andreas Wolf von der Bundesdruckerei an. Und auch die zahlreichen Kontrollvor- gänge bei Reisen sollen sich künftig we- sentlich angenehmer, weil reibungslos gestalten. Reisen ohne Reisepass „In naher Zukunft wird es sicher in eini- gen Ländern erste Prototypen für einen mobilen und später auch virtuellen Rei- sepass geben“, sagt Wolf. „Standards, die internationale Interoperabilität von mobilen und virtuellen Reisepässen er- möglichen, werden in der Community gerade erarbeitet. Wie schnell dieser virtuelle Reisepass zum Einsatz kommt, kann man heute noch nicht beurteilen.“ Was fehlt, sind biometrische Referenz- daten in hoher Qualität. Diese bei der gesamten Bevölkerung, am besten welt- weit, einzufordern, dauert sicher noch eine ganze Weile, wahrscheinlich mehr als zehn Jahre. Prozesse in dieser Grö- ßenordnung laufen üblicherweise sogar eher in Dekaden ab. Doch irgendwann wird es soweit sein und Passkontrollen sind dann mit einem netten Lächeln in die Kamera schnell ab- solviert, ganz ohne physische Ausweis- kontrolle. „Die Grenzkontrollbehörden am Reise- ziel haben alle biometrischen Passagier- daten bereits lange vor Ankunft vorlie- gen“, erklärt Wolf, „und gleichen diese dann über die Kamera mit dem Gesicht des Reisenden ab.“ Die Aussichten der Biometrie-Branche sind also im Prinzip gut (und sie werden noch besser, wenn Ge- setze überall klar ma- chen, was wer wo mit welchen Daten machen darf). Kein Wunder daher, dass die Investitionsbereitschaft in der Wirtschaft diesbezüglich stark ge- stiegen ist, so jedenfalls die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der Londoner Beratungsfirma Goode Intelligence. Fast drei Viertel der 220 Befragten aus Wirtschaft und Regierungskreisen auf der ganzen Welt sagten demnach, dass biometrische Authentifizierungslösun- gen für ihre Organisation grundsätzlich sehr geeignet seien, um KundInnen zu- friedenzustellen (to ensure good custo- mer experience). Über ein Viertel haben ihre Investitionen in diesem Bereich zu- letzt erhöht und etwa ein Drittel neigen heute mehr denn je dazu, Biometrie ein- zusetzen. Ein Lächeln reicht Die Lösungen reichen dabei von der Gesichts- oder Iriserkennung, dem Fin- gerabdruck bis hin zur Handvenen- Erkennung. Sogar an verhaltensba- sierter Authentifizierung wird intensiv geforscht. Vor allem die Art und Weise, wie jemand üblicherweise tippt, kann analysiert und für eine sichere Authenti- fizierung genutzt werden. Aber auch der Gang ist individuell und könnte über den Trittdruck als neue Authentifizierungs- methode etwa an Flughäfen oder anderen Zugängen Einsatz finden. Was nichts an- deres heißt, als dass hier eine neue Bran- che entsteht, denen nur das erste Einhorn fehlt, um von der Trend- in die Boom- Phase zu wechseln. Oder wächst es längst heran? Die rumä- nische Biometrie-App PayByFace sorgt auf dem Balkan gerade gehörig für Fu- rore. Statt mit Bargeld, Kreditkarte oder Smartphone kann dort an einigen Orten einfach mit dem eigenen Gesicht gezahlt werden. Damit das funktioniert, muss der User nur die App herunterladen, damit ein Selfie machen und seine Kre- ditkartendaten eintrag en - erkannt wird er dann von der Kame- ra eines PaybyFace-Tablets am Coun- ter (und nach Eingabe der vierstelligen PIN). Die bulgarische Tochter der ös- terreichischen Raiffeisen-Bank hat das System im Café des Hauptsitzes in So- fia installiert, eine Taxifirma in Bukarest probiert es derzeit aus, auch die Coffee- Shop-Kette Ted‘s ist dabei, insgesamt an rund 70 Stellen wird derzeit in Südost- europa per Gesichtserkennung gezahlt. Und vielleicht bald auch bei uns. Autor: Christian Gehl Das rumänische Startup PaybyFace setzt auf Gesichtserkennung für Bezahlungen an der Kasse. Bild: PaybyFace Impressum Versandhausberater-Spezial ISSN 2626-3157 Versandhausberater Spezial ist eine kos- tenlose Beilage zum Versandhausbera- ter mit Fachbeiträgen von Experten bei Dienstleistern für den Distanzhandel. Die Beiträge sind namentlich mit dem Namen des Autors und dem herausgebendem Unternehmen gekennzeichnet. Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Redakti- on wieder. Der Versandhausberater, gegründet 1961, ist der wöchentliche Informationsdienst für den Versandhandel, seine Dienstleis- ter und Lieferanten in Deutschland, Ös- terreich und der Schweiz. Er informiert über das aktuelle Geschehen des Versand- handels, leistet wertvolle Beratung, spürt zukunftsweisende Trends auf und ermög- licht den Blick hinter die Kulissen der ge- samten Versandhandelsbranche. Er fasst die wichtigsten Neuigkeiten aus dem Versandhandel zusammen, bespricht neue Versandhaus-Kataloge und abgelei- tete Werbemittel und präsentiert Neuhei- ten aus den Bereichen Direktmarketing, Logistik, Kundenservice und Electronic Commerce. 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