Katalog des Jahres 2021 by Seite 5 atelier goldener schnitt – Herbst Winter Katalog 2020 Shortlist B2C Fixation gesprochen – dem Hero auf dem Titel. Eine Dame – zwischen 45 und 50 - stellt lächelnd Blickkontakt zur Leserin her (sieht man leider auch immer selte- ner in der Fotografie im eCommerce und Versandhandel). Die Dame ist gut ge- wählt – es gilt: Das Model sollte 10-15 Jahre jünger sein, als die angesprochene Zielgruppe. Das präsentierte Produkt ist eine Outdoor-Jacke in royal-blau (das er- fahren Leserinnen aber leider erst auf der Produktseite) mit Seitenverweis. Fazit: Ein guter Titel, der zum Öffnen animiert. Ich rate aber dazu, Titelan- gebote weit vorne (U2) im Katalog zu präsentieren, und den Leser nicht in die Mitte das Kataloges zu schicken. Da be- steht die Gefahr, dass die Seiten vorher überblättert werden. Und mir fehlen die Bestellwege auf dem Titel. Da sucht die Leserin typischerweise danach. Einstiegsseiten-Check: Wow… eine ganze Doppelseite für den President’s Letter – besser Präsidentinnen-Letter. Frau Wirth begrüßt die Leserin mit ei- nem freundlichen Bild, das auch gleich als Zweitplatzierung genutzt wird. Sie trägt eine Lammnappa-Jacke (schwieri- ges Wort), die die Leserin auf der Sei- te 42 findet. Gut gemacht. Frau Wirth bedankt sich für die herzliche Treue – wahrscheinlich für die Treue in den letz- ten 50 Jahren, denn das Jubiläums-Logo wird hier wieder aufgenommen. Und im Brief wird die Leserin in den exklusiven Kreis der treusten Kundin- nen aufgenommen, die schon einen ex- klusiven Vorab-Test-Katalog erhalten. Ein toller Weg, um eine enge Beziehung herzustellen. Und natürlich auch, um das Sortiment zu testen. Der Brief ist solide gemacht – die Kundin wird direkt ange- sprochen, eine blaue Unterschrift und das PS fehlen nicht. Das es sich in der Tat wohl um einen Testkatalog für ausgewählte Kundinnen handelt wird daran deutlich, dass auf der Folgedoppelseite erneut ein Präsi- dentinnen-Brief platziert ist. Wieder gut gemacht, mit Hinweis auf telefonische Passform-Beratung, mehr Größen und mehr Stoffe als je zuvor. Auf den Seiten 6 und 7 findet die Le- serin dann das Inhaltsverzeichnis. Bei Modekatalogen bin ich immer hin und hergerissen. Braucht es das? Die Leserin soll von vorne bis hinten blättern, stö- bern, sich inspirieren lassen. Und nicht aus dem Inhaltsverzeichnis in eine hin- tere Rubrik springen. Mit der Gefahr das Vorherige nicht zu sehen. Es wäre einen Test wert. Jetzt wird auch deutlich, wie das Jubilä- um gespielt wird: mit „Danke Angeboten auf den Seiten 8 – 25. Preiswerte Mode als Dankeschön für die Treue. Allerdings wird dabei nicht mit Streichpreisen ge- arbeitet. Das hätte noch einmal deutlich gemacht, wie Dankbar ags ist. Weitere Elemente außer das Jubiläums- Logo findet die Leserin allerdings nicht. Ich denke, aus Jubiläen kann man mehr rausholen. Schade. Produktseiten-Check: Die Produkt- Doppelseiten zeigen, wie gut ags das Kataloghandwerk versteht und das man auch hier auf einen reichhaltigen, 50 Jah- re alten Erfahrungsschatz zurückgreift. Abwechslungsreiche Gestaltung, variie- rende Produkt-Dichte, sehr gute Mode- fotografie für den Katalog. Ganze Outfits geben der Leserin Si- cherheit bei der Bestellung: hier werden Kombinationen gezeigt, die zusammen- passen. Inlines fassen auf vielen Seiten das Thema zusammen: “Kuschelweicher, natürlicher Kaschmir“; „Seide, ein tex- tiler Schatz mit edlem Schimmer“ sind Beispiel dafür, wie der Doppelseite ein Thema gegeben wird. Das verbindet die Produkte und verkauft besser. Sehr gut. Weitere Elemente, die in vielen anderen Katalogen fehlen, hier aber gut gespielt werden: Interessante Punkte werden direkt mit Bullets/ Quick-Readern ans Produkt gebracht. Weitere Farbvarian- ten werden gezeigt und nicht nur im Text erwähnt. Zitate (diese werden übrigens genrell bis zu 5 mal besser erinnert) von Frau Wirth auf Stopper-Seiten heben Produkte hervor. Ab-Preise zeigen die Preiswürdigkeit – geben aber auch den Hinweis auf den bei mir eher unbeliebten „Wampen-Zu- schlag“. Große Größen kosten 10, 15 oder 20 Euro mehr. Muss das sein? Die Hinweise auf die Bestellwege Telefon und Internet fehlen im Footer nicht. Man könnte sie noch aktivierender formulie- ren und auch das Logo im Footer spielen. Fehlt was Wichtiges? Ja… Corona war gerade für diese Zielgruppe ein Be- schleuniger in Sachen Internet-Nutzung. Mir fehlen hier Hinweise, Erläuterun- gen, Störer, die auf das Online-Angebot. Hinweise, die erklären und Vorteile des Online-Shops kommunizieren. Fazit: Schaut’s Euch an, analysiert und lernt :-). Die Produktseiten sind sehr gut gemacht. Abschluss-Seiten-Check: Ich sage es vorab: hier fehlt mir einiges… Was nicht fehlt: die für Modekataloge wichtigen Größentabellen. Der Hinweis auf die persönliche Größenberatung. Das vermeidet Retouren. AGB’s müssen ja leider sein. Und weiter? Nichts… Was mir fehlt: eine abschließende Vor- teilsargumentation. Hinweise auf weitere Services, Hinweise auf Bestellwege, Be- stellanleitung und Verkaufsförderungs- hebel. Auch wenn man 50 Jahre am Markt ist und die Kundinnen es ver- meintlich wissen: darf das nicht fehlen. Wiederholung hilft. Hero-Seite U3 ist mit einer günstigen Bluse bestückt. Si- cher ein guter, klassischer Mitbestell- Artikel. Gut. Rücktitel-Check: Ein bestallbares Pro- dukt auf dem Rücktitel bildet den Hero. Preislich attraktiv und sicher im typi- schen Preisfenster von ags. Das passt. Bestellwege findet die Leserin auch hier. Gut. Was fehlt? Ein Logo. Liegt der Katalog auf dem Titel, wird der Rücktitel zum Ti- tel. Und beantwortet die Leserfrage „Von wem ist der Katalog“ so nicht. Fazit: Es ist schon zu sehen, dass es das noch gibt: Gutes Kataloghandwerk. Die Herbst/Winter 2020 Ausgabe ist ein gutes Beispiel dafür. Hier und da sicher noch zu optimieren. Insbesondere das Jubiläum hätte noch stärker gespielt wer- den können. Trotzdem: Herzlichen Glückwunsch an die Macher. Autor: Ansgar Holtmann Eine der Einreichungen zur Wahl des Katalogs des Jahres ist der Herbst Win- ter Katalog 2020 von atelier goldener schnitt. Meine Analyse zur Bewertung teile ich hier gerne mit Ihnen. Um den Katalog bewerten zu können, müssen wir uns zunächst vergegenwär- tigen, wer denn Zielgruppe ist: Die mo- disch interessierte Frau ab ca. 60 Jahren. Das müssen wir im Hinterkopf behalten, wenn wir uns den Katalog ansehen. Le- gen wir also los. Titel-Check: Der Absender ist klar zu er- kennen, das Logo atelier goldener schnitt mit Claim „Mode in perfekter Passform“ sowie dem Hinweis „seit 1970“ fällt auf. Erste Leserfrage gut beantwortet. Außer- dem wird der Haupt-USP des Kataloges sehr gut zusammengefasst: „Vorpremie- re unserer neuen Mode-Kollektion – jetzt exklusiv vorab bestellen – versandkos- tenfrei.“ Dieser Hinweis erzeugt gleich Aufmerk- samkeit bei der Leserin: Neue Mode, ex- klusiv nur bei ags, exklusiv - jetzt schon sichern, damit man auch garantiert die Ware bekommt. Und das dann auch noch versandkostenfrei. Das ist Verkaufsför- derung. Das ist ein starker Action-Getter im Slogan des Kataloges. Toll. Außerdem wird schnell ersichtlich – es handelt sich um einen Jubiläums-Kata- log: 50 Jahre ags. Mal sehen, was daraus im Katalog gemacht wird. Ich habe noch gar nicht von der ersten Studie: Individualisierte Kataloge verkaufen mehr Unsere exklusive Programmatic-Prin- ting-Studie belegt: Moderne Kataloge, die Daten gestützt individuell produ- ziert werden können, versprechen mehr Awareness und höhere Renditen. Mit neuen digitalen Drucktechniken und Anbindung an PIM und CRM lassen sich Kataloge herstellen, die individuell auf das Kaufverhalten des einzelnen Kunden zugeschnitten sind. Dass Programmatic Printing bei Pro- duktkatalogen funktioniert, belegt jetzt eine bevölkerungsrepräsentative Studie, die HighText Verlag zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Splendid Re- search durchgeführt hat. Jeder zweite Befragte gab an, ihn würde ein auf persönliche Bedürfnisse und indi- viduelles Kaufverhalten zugeschnittener Katalog mehr interessieren als ein klassi- scher, unpersonalisierter Produktkatalog. Knapp jeder Dritte (31 Prozent) würde auch wahrscheinlich eher etwas kaufen. Weniger Interesse erwartet im Gegensatz dazu nur jeder Zehnte von einem auf ihn zugeschnittenenen Katalog. 30 Prozent der Befragten ist es egal, oder sie kön- nen sich Programmatic-Printing-Katalo- ge nicht vorstellen. Von den tendenziell sehr auf Datenschutz bedachten Deut- schen macht offenbar in der Individuali- sierung von Katalogen nur eine Minder- heit Datenschutzbedenken geltend. Nur 9 Prozent sagten, sie würden Angst um ihre Daten haben und deswegen beim Katalogherausgeber Datenlöschung be- antragen. Vor allem junge Zielgruppen interessieren sich der Befragung zufolge überdurchschnittlich für Programmatic- Printing-Kataloge. Frauen bringen indi- vidualisierte Katalogen eher in Kauflau- ne als Männer - sofern sie keine Kinder haben: Familien interessiert das Thema kaum - offenbar können Kataloganbieter hier auch ohne Individualisierung pas- sende Angebote machen. Mehr Interesse und zusätzlich auch über- durchschnittlich höhere Kaufbereitschaft signalisieren vor allem diejenigen, die gut ausgebildet sind - also Bachelor, Master, Diplom oder Promotion gemacht haben oder über einen Fachschule-/Meis- ter- bzw. Technikerabschluss verfügen. Ebenfalls lässt sich ein Zusammenhang zwischen Einkommen und überdurch- schnittlich höherer Kaufbereitschaft aus den Zahlen ableiten. Autor: Joachim Graf