HighText Verlag, Schäufeleinstraße 5, 80687 München PVST, G-13963, Entgelt bezahlt DPAG ISSN 2626-3157 K5: Zukunft E-Commerce by Fachinformation zum Distanzhandel von Experten für Experten Besonders wichtig: Nr. 4 vom 10.06.2022 Endkunden stellen ganz andere Fragen als die B2B-Kundschaft .. Seite 2 E-Commerce: Marktplätze profitieren noch stärker als Shops ............... Seite 5 Lieferkettengesetz: Nachholbedarf bei Modefirmen und Einzelhandel ... Seite 8 So wappnen sich E-Retailer mit Digitaler Resilienz gegen Krisen (1 von 2) E-Retailer müssen sich wappnen und widerstandsfähiger werden, um auch in Krisenzeiten bestehen zu können. Wir zeigen strategische Handlungspfade da- für auf. Resilienz bezeichnet bekanntlich die Fä- higkeit von Menschen, Gesellschaften aber auch von Unternehmen, externe Störungen zu verkraften, ohne dass sich ihre wesentlichen Systemfunktionen än- dern. Im Vordergrund der Digitalen Res- ilienz steht dabei die Frage nach der Wi- derstands- und Regenerationsfähigkeit angesichts komplexer und zunehmend unvorhersehbarer Risiken in digitalen Zusammenhängen. Ziel muss dabei sein, dass Unternehmen Risiken nicht nur be- wältigen, sondern auch aus ihnen lernen, sich an zukünftige Herausforderungen anpassen und sich so transformieren können. Dass uns Krisen auf absehbare Zeit nicht ausgehen, ist spätestens seit dem Wo- chenende klar. Die Bilder aus dem ukra- inischen Butscha werden von der Mehr- heit der westlichen Staaten als Beleg dafür angesehen, dass Putins Soldaten nicht nur ein souveränes Land überfallen haben, nicht nur mit schwerer Artillerie zivile Wohngegenden beschießen, son- dern auch Zivilisten auf offener Stra- ße hinrichten. Wenn es aber russische Menschenrechtsverletzungen gab, wie Human Right Watch dokumentiert, dann wird es einen Rückkehr zum Status quo ante nicht geben: Wahrscheinlich ist ein jahrelanger kalter Krieg oder heißer Frie- den die Folge. Und das wird nur ein Pro- blem von vielen, auf die sich (digitale) Unternehmen vorbereiten müssen. Wie E-Retailer krisenfester werden Um herauszufinden, wie sich Versand- und Onlinehandelsunternehmen krisen- fester transformieren, haben wir uns an der wissenschaftlichen Resilienz-Defini- tion orientiert. Wesentliche Faktoren, die die Resilienz positiv beeinflussen, sind: • Individuelle Faktoren: kognitive Fä- higkeiten des E-Retailers (z. B. Ma- nagementwissen, Analysemodelle, Purpose-/Sinngebungsmodelle der Re- alität) aber auch Emotions- und Hand- lungskontrolle sowie eine hohe Selbst- wirksamkeitserwartung, Toleranz für Ungewissheit, die Fähigkeit, Bezie- hungen aktiv gestalten zu können und vor allem Problemlösungsorientierung auch hier die Resilienz. Den Cashflow im Auge und Fixkosten im Griff zu be- halten, ist für Plattformbetreibende eben- falls stark resilienzfördernd. Das gilt ins- besondere dann, wenn Releasewechsel geplant sind, die größerer Investitionen bedürfen. Die Energiekosten im Griff zu behalten, wird ebenfalls eine strategi- sche Aufgabe der Unternehmensleitung sein. Ebenso komplett auf Ökostrom umzustellen: Wo immer mehr Unterneh- men CO2-neutral werden wollen, müssen Digitaldienstleister gewährleisten, dass sie das auch sind. y a b a x i P / d n e r h A r e t e P : d l i B • Umweltfaktoren: Unterstützung durch Unternehmens-Community wie MitarbeiterInnen, KundInnen und Lie- feranten sowie und eine Produktion nach Möglichkeit nach Europa zu verlagern. Strategisch geplant werden müssen ebenfalls die Themen Nachhaltigkeit und Personal. • Prozessfaktoren: die Fähigkeit, in der Krise Chancen und Perspektiven zu erkennen, die Akzeptanz des Unverän- derbaren und die Konzentration aller Energien auf das als nächstes zu Be- wältigende und die dabei entwickelten Strategien. Damit Lieferketten nicht mehr brechen Handelsunternehmen - egal, ob sie als Pure Player aufgestellt sind oder ka- nalübergreifend tätig sind - haben aktu- ell vor allem zwei potenzielle Probleme: Die Bereitstellung ihrer Waren und die Sicherheit ihrer Systeme. Im vergangenen Jahr mussten Unterneh- men schmerzlich erfahren, wie fragil ihre Lieferketten sind. Nun arbeiten viele da- ran, diese robuster und transparenter zu gestalten. Zu diesem Fazit kommt der „Produktions- und Logistikreport 2022“ von Agiplan. „Die Hebel für mehr Ef- fizienz und eine höhere Produktivität in Produktion und Logistik bleiben Digita- lisierung und Automatisierung. Jedoch gewinnen weitere Trends und Themen an Relevanz: Materialengpässe und Auf- tragseingangsschwankungen, von denen über 80 Prozent der befragten Unterneh- men betroffen sind, lassen eine optimier- te Supply Chain zu einem Kernthema werden“, so die Studienautoren. Gestör- te Lieferketten zu überprüfen und sie transparenter zu gestalten, stehen dabei ebenso auf der Agenda, wie alternative Lieferantennetzwerke aufzubauen. Digitale Resilienz hier aufzubauen heißt vor allem, Lieferketten zu verkürzen, verstärkt auf Second-Sourcing zu setzen Weil das Thema Energie (hier insbeson- dere der Dieselpreis für Speditionen) das Geschäft langfristig beeinflusst, sollte auch nachgedacht werden über Konzepte wie Delivery-from-Store oder den Auf- bau von Shop-Outlets in den von Kauf- häusern entvölkerten Innenstädten. Um sich vom Konsumklima unabhängig zu machen, sollte strategisch über andere Märkte und Kanäle nachgedacht wer- den, insbesondere über datengestützte Geschäftsmodelle oder den Aufbau eines B2B-Kanals. SaaS-Plattformen: Sicherheit und Kun- denkommunikation sind der Schlüssel Das Thema (Daten-)Sicherheit ist der wichtigste Bereich, in dem Plattforman- bieter an ihrer Resilienz arbeiten können. Kein Wunder: Immer mehr Unternehmen reagieren bereits auf die angespannte IT- Sicherheitslage und investieren mehr in Cyber-Security. 54 Prozent haben 2021 die Ausgaben für IT-Sicherheit erhöht, so die IT-Sicherheitsumfrage 2022 des ECO e.V. . Die IT-Sicherheitslage bleibt ange- spannt, die Bedrohungslage in Deutsch- land wächst weiter, sagen 93,8 Prozent der IT-SicherheitsexpertInnen. Resilienz zu schaffen, bedeutet vor allem Maßnah- men zur Mitarbeitersensibilisierung, die die Cyber-Resilienz insgesamt erhöhen. Auf Platz zwei und drei im Ranking der wichtigsten Sicherheitsthemen der Stu- die rangieren Notfallplanung und Spam- Schutz. Auch wenn das SaaS-Plattform- geschäft deutlich weniger anfällig ist für Einbrüche beim Investitionsklima: Kundenmonitoring-Maßnahmen stärken Überall Baustellen Wie wichtig das Konsumentenverhal- ten für alle Unternehmen ist, zeigt sich aktuell am Beispiel Ritter Sport: Der Markenartikler hat sich einen formidab- len Shitstorm eingehandelt, weil er sein Geschäft in Russland nicht beenden will. Eine Liste der Universität Yale identifi- ziert 1.000 Unternehmen und Marken, die sich bisher aus Russland zurückgezo- gen haben - und eine Reihe von Firmen, deren Russland-Geschäft weiterläuft, da- runter Benetton, Lacoste, Fischer Sports, Giorgio Armani, Global Fashion Group, Storck, Triumph, Rabe Moden, Liebherr, Diesel, Tencent, Jd.com und Alibaba. Auch so unterschiedliche Unternehmen wie SAP und Decathlon haben erst nach einem Shitstorm beschlossen, ihr Russ- landgeschäft zu beenden. Digitale Resi- lienz aufzubauen bedeutet schneller und agiler zu werden: Um auf Veränderun- gen bei Investitionsklima und Konsum- klima schneller reagieren zu können, müssen die entsprechenden Informatio- nen schneller bereitstehen. Dass Hersteller mit Lieferengpässen zu kämpfen haben, wird in den kommen- den Jahren wohl eher öfter vorkommen - je stärker die Märkte, Kommunikati- on und Produktionsketten miteinander vernetzt sind, je komplexer Zusam- menhänge und Abhängigkeiten werden, um so eher entstehen in den sich bildenden cha- otischen Systemen nicht mehr kontrollierbare Entwicklungen. Fortsetzung auf Seite 2 velopment www.e-velopment.de Treffen Sie uns auf der K5 in Berlin EXPO Halle 2 Stand 110 360e ERP + WMS