ERP und PIM by Seite 4 PXM Trend PXM: Wie Produktdaten künftig Kundenerlebnisse schaffen weit über das Ordern einzelner Artikel- positionen hinausgeht. Die Produkte werden vielmehr genau in den Kontext des Kunden bzw. der Kundin gebracht und der Verkauf zu einem hochindividu- ellen Service. Genau das ist Product Ex- perience Management. Produktdaten sind noch kein Produkterlebnis Um die oben skizzierte Vision Realität werden zu lassen, sind strukturiert auf- bereitete Produktdaten zunächst eine elementare Voraussetzung. Dies sollte Sache eines Systems zum Product In- formation Management (PIM) sein. In diesem System werden Produktdaten zentral gesammelt, um sie den nachgela- gerten Systemen (Shop, CMS, Katalog, Konfigurator etc.) bereitzustellen. Das PIM-System hat dabei die Aufgabe, die verbindliche Produktdatensammlung im Unternehmen zu sein. Das heißt, dass hier alle Informationen aus den vorge- lagerten Systemen zusammengeführt, ergänzt und aggregiert werden. Die um- fassenden Informationen werden außerdem um Media-Assets wie Bild, Video und Text angereichert. Sind diese in eigenen Applikationen vorge- halten (etwa einem CMS oder einem DAM), so bleiben im PIM die Bezüge gespeichert. technischen Die gesammelten Daten werden in Hierachien und/oder Kategorien syste- matisiert und strukturiert und können von dort kanal- oder situationsbezogen ausgespielt werden. Ob Katalog, Fly- er, (PDF)-Datenblatt, Web-Shop, App, Online-Marketing oder Internet-Auftritt - alle Medien werden, zumindest was die Produktdaten betrifft - aus einem Single- Source-of-Truth-System bestückt. Das PIM schafft Datenkonsistenz und sorgt für medienneutrale Datenhaltung. Soweit so gut. Aber ein PIM ist noch kein Product Experience Management. Letzteres entsteht, wenn dem Kunden oder der Kundin entsprechend seiner oder ihrer momentanen Station in der Customer Journey die passenden Infor- mationen bereitgestellt werden. Nicht alle vorhandenen Informationen auf ein- mal. Und auch nicht für jeden Besucher das Gleiche. Und schon gar nicht in jeder Kaufentscheidungsphase dieselben In- formationen. Um bei dem Beispiel der Badrenovie- rung zu bleiben: Zunächst geht es der Kundin bzw. dem Kunden um eine an- sprechende, emotional aufgeladene Dar- stellung der verschiedenen Badtypen. Er bzw. sie will sich inspirieren lassen und verschiedene Beispiele sehen. Am bes- ten natürlich anhand seines/ihres eigenen Badgrundrisses. Es folgt die konkrete Entscheidungspha- se: Passen die Teile zusammen und las- sen sie sich wie gewünscht installieren? Was kosten sie? Welche Alternativen gibt es? Aber auch nachdem die endgül- tige Konfiguration gefunden ist und die Artikel bestellt sind, folgen mit Service und Support noch wichtige Phasen der Kundenbindung. Die Aufgabe des PXM-Systems ist es, jeweils die passenden Informationen für jede dieser Phasen bereitzustellen: • Awareness: In dieser Phase sollte der Fokus auf Marke und Produkte sowie einer emotionalen Präsentation liegen, um den Kunden bzw. die Kundin zu begeistern. • Consideration: Ist das Interesse ge- weckt, gilt es, die konkrete Entschei- dungsfindung zu unterstützen. Dafür sind Produktinformationen, Konfigu- ratoren, Datenblätter, Auswahl-Assis- tenten, Suche- und Recherche-Tools sowie FAQs geeignete Mittel. • Conversion: Ist der Kunde/die Kun- din bereit zu kaufen, müssen Aus- schreibungsunterlagen, Planungs- informationen, Preisinformationen, Angebote, Bestellübersichten erzeugt werden. • Service: Nach dem Kauf sind Self- Service-Tools, Personalsierungsfunk- tionen oder Punchout-Kataloge ent- scheidend. • Loyalty: in der letzte Phase (bevor sich der Kreislauf hoffentlich wieder schließt) geht es darum, die Kunden- bindung zu stärken. Dazu sind Infor- mationen zu Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen, die Abwicklung von Garantie und Reklamationen, die Be- reitstellung von Arbeitstools oder ein persönlicher Kontakt wichtig. Spezialfall D2C: Den Herstellern fehlt das Produkterlebnis Ein stark wachsendes Modell im Online- Handel ist das Direct-to-Consumer-Ge- schäft (D2C), bei denen Hersteller di- rekt an VerbraucherInnen verkaufen. Für Hersteller liegt der besondere Reiz darin, die Verkäuferprovisionen auszuschalten. Aber auch viele KonsumentInnen fühlen sich damit wohl. Sie informieren sich ohnehin sehr selbständig im Netz und haben ein selbstbestimmteres Einkaufs- erlebnis, wenn sie direkt beim Hersteller einkaufen. So attraktiv das D2C-Format für Herstel- ler ist, so groß sind die Schwierigkeiten. Denn Hersteller verfügen naturgemäß über wenig Verkaufs- und Marketinger- fahrung. Und auch zum Produkterleb- nis steuert oft der Händler und nicht der Hersteller den entscheidenden Anteil bei. Dies gilt vor allem dann, wenn der Her- steller keine eigene starke Marke dar- stellt. Alleine die Tatsache, dass ein Produkt in einem bestimmten Shop angeboten wird, ist bereits eine Botschaft. Ein Seilspan- ner aus einem Shop für Segelbedarf wird automatisch als marinetauglich wahr- genommen. Der Shop adressiert bereits eine bestimmte Zielgruppe - der Herstel- ler hingegen nicht immer. Umso wichti- ger ist es für ihn, die Produktinformatio- nen in den Kontext der Käuferin oder des Käufers zu stellen. Einen Schäkel aus A4-Edelstahl eben zum Beispiel in einen nautischen Zusammenhang, das verzink- te Pendant dagegen eher in Gartenbau. Zugegeben: Für ein Kleinteil aus der Eisenwarenabteilung mag sich ein PXM nicht lohnen. Aber auch ein Reiseanbie- ter kann vom Wochenendtrip bis zum Fa- milienurlaub eine breite Angebotspalette aufweisen. Für einen Hersteller ist gar nicht einfach, seine Zielgruppe kennen- zulernen und die Intentionen des Kunden oder der Kundin herauszufinden. Eine gute Produktdatenstrategie hilft einem Hersteller aber auch dabei, seine Kun- dInnen besser kennenzulernen. Denn die Daten fließen nicht nur in eine Rich- tung: Produktinformationen helfen auch dem Unternehmen, das Kundenverhal- ten besser zu verstehen. Je mehr Daten zu einem Produkt zur Verfügung stehen, desto besser erfährt man mehr über den Kunden bzw. die Kundin. Bevorzugt er bzw. sie einen bestimmten Materialmix? Eine Farbe? Oder einen konkreten Ein- satzzweck? Das lässt sich natürlich nur herauslesen, sofern diese Informationen in den Produktdaten vorliegen. PXM: Daten zielgruppenspezifisch erweitern Product-Experience-Management (PXM) erweitert die Kernprozesse eines PIM um die Kontextuierung: Die Daten werden nun zusätzlich für Zielgruppe und Kanal ausgeprägt, um KundInnen durch spezifische Produktinformationen zielgerichteter anzusprechen. Um ein PIM zu einem PXM zu erweitern, muss es in der Lage sein, Varianten in den Da- ten abzubilden. Da eine eigenständige Software für PXM- Zwecke aufgrund der großen Schnitt- menge mit dem PIM-System wenig sinn- voll wäre, wird die PXM-Funktionalität meist als Erweiterung über die PIM- Software gelegt. Bei dieser Kombination übernimmt das PIM-System das Daten- management, während sich der PXM- Part um den aktiven Part, das Ausspielen der Daten, kümmert. Das bedeutet, im PIM-System werden die Produktdaten zentral für alle Ausspielwege mitsamt Bildern, Videos und Beschreibungen ge- speichert. Die PXM-Ergänzungen setzen diese Produktpräsentationen dann in den jeweiligen Verwendungskontext: Wel- cher Kunde und welche Kundin braucht sie wann an welchem Touchpoint? Wel- che Aspekte der Präsentation sind dort nach vorne zu stellen? PXM kümmert sich also um das Ausdifferenzieren, An- passen und Ausspielen der vorliegenden Produktinformationen aus dem PIM. Da- bei wird es mittlerweile immer häufiger von Künstlicher Intelligenz unterstützt, die Bedürfnisse der KonsumentInnen aus Erfahrungswerten vorausberechnet und Maßnahmen empfohlen. Eine wichtige Rolle kommt dabei der Integrierbarkeit der PXM-Lösung zu. Sie fungiert letztlich als zentrale Infor- mationsschnittstelle und muss Marke- ting-Applikationen, Konfiguratoren im Back- und Frontend sowie ECommerce-, ERP- und Content Management Systeme beliefern. Autor: Dominik Grollmann r e t a r e b s u a h d n a s r e V : d l i B Product Experience Management lau- tet das neueste Schlagwort im E-Com- merce. Nur der nächste Hype - oder ein substantieller Trend? Der Versandhaus- berater hat sich angesehen, was dahin- tersteckt. Online-Händler haben eine Menge Her- ausforderungen zu lösen. Immer wichti- ger dabei: Die Produktdatenpflege. Das Thema klingt nach langweiliger und trockener Grundlagenarbeit, aber gera- de deswegen ist es - buchstäblich - fun- damental wichtig. Denn Produktdaten sind nicht nur die Basis für jeden Um- satz im Onlineshop (ohne Daten lässt sich schließlich gar nichts verkaufen), sondern sogleich die Grundlage für die gesamte Customer Experience, die der Shop der Kundin und dem Kunden bie- tet. Weshalb sich aus beiden Begriffen eine eigene Disziplin im E-Commerce gebildet hat: Product Experience Ma- nagement, kurz PXM. Was zunächst nach dem nächsten Hype klingt, der durch die Branche getrieben wird, verdient auf den zweiten Blick unbedingt eine genauere Betrachtung. PXM ist die Anreichung der Produktda- ten um den Kontext des Kunden bzw. der Kundin. Daraus resultiert im besten Fall ein Service, der weit über den eigentli- chen Einkauf hinausgeht. Das klingt zunächst arg theorielastig, wird aber anhand eines praktischen Bei- spiels greifbarer: Ein Installateur plant anhand des Aufmaßes vor Ort nicht nur Rohrleitungen und Anschlüsse für das zu renovierende Badezimmer, sondern kann auch interaktiv mit der Kundin oder dem Kunden die Ausstattung konfigurieren, virtuell planen und in 3D betrachten. Im Hintergrund wird der Auftrag automa- tisiert in eine Stückliste heruntergebro- chen und in Echtzeit der Preis kalkuliert. Zuletzt wird die Bestellung beim Her- steller generiert und für den Handwer- ker ein neues Projekt in der integrierten Verwaltung angelegt - inklusive Termin- abstimmung bei der Kundin bzw. beim Kunden und Just-in-Time-Lieferung in den Betrieb. Das Beispiel ist gar nicht so fiktiv, wie es zunächst klingen mag: Die Duschka- binenhersteller Duscholux und Reflex- Winkelmann, ein Anbieter für wasser- führende Installationen, haben ähnliche Lösungen implementiert. Vorgestellt hat es Myview-Chef Thorsten Frank in sei- nem Vortrag „Wie Sie ihre Produktdaten in Produkterlebnis verwandeln“ im Rah- men der iBusiness-Konferenz „B2B/B2C Digital 2022“. Gemeinsam ist beiden Beispielen, dass das Einkaufserlebnis