Handmade-Initiative: DaWanda sieht Amazon-Attacke gelassen entgegen

Der US-amerikanische Versandriese erweitert sein Produktportfolio. Vor diesem Hintergrund sollen Kunden künftig auch erstmals handgefertige Produkte und Unikate bei Amazon kaufen können, die demnächst auf der neuen Unterseite Amazon.de/handmade angeboten werden. Aktuell sucht der Online-Händler noch Künstler und Händler, die ihre handgefertigten Produkte künftig an „hunderte Millionen Kunden“ weltweit verkaufen wollen. Um diese Zielgruppe auf die eigene Online-Plattform zu bekommen, bricht Amazon sogar etwas mit den etablierten Prozessen bei seinen Handelspartnern.

Amazon Handmade
Vor dem Start: Ein Sub-Shop für handgemachte Produkte (Bild: Screenshot)

So sollen interessierte Verkäufer bei Amazon eigene Profilseiten einrichten können, auf denen sie dann Kunden „mit schönen Bildern ihre Geschichten erzählen können“. Das dürfte den Handmade-Shop deutlich von den Standardseiten abheben, wo sich Handelspartner von Amazon bislang in Bleiwüsten präsentieren – das zeigt stellvertretend der Amazon-Shop von Medienhändler Medimops. Von diesem Allerlei abheben soll sich das geplante Handmade-Portal, da jeder handgefertigte Artikel „etwas Besonderes“ sei und man daher auch bei der Produktpräsentation künftig neue Wege gehen will.

Punkten will Amazon aber nicht nur beim Marketing, sondern auch mit seinen Konditionen. So erspart Amazon in der Startphase seinen Künstlern die übliche Monatsgebühr von 39 Euro, die gewerbliche Händler normal bezahlen (befristet bis Ende 2017). Dazu kommt eine Provision von zwölf Prozent oder eine Mindestverkaufsgebühr von 50 Cent, falls die Kommission darunter liegt.

„Der klassische Amazonkunde hat andere Bedürfnisse“

Mit dem geplanten Handmade-Portal schießt Amazon gegen den direkten Wettbewerber DaWanda aus Berlin, der seit knapp zehn Jahren einen deutschen Online-Marktplatz betreibt, der ausschließlich auf den Verkauf von selbstgemachten Produkten und Unikaten spezialisiert ist. Kein Wunder also, dass die Berliner den bevorstehenden Start des Handmade-Portals „mit großem Interesse“ beobachten.

Claudia Helming
DaWanda-Gründerin Claudia Helming (Bild: DaWanda GmbH)

„Die Initiative von Amazon bestätigt unser Geschäftsmodell und den Glauben daran, dass Selbermachen mehr als nur Handarbeit im stillen Kämmerlein zu Hause ist, sondern mittlerweile zu einem eigenen Wirtschaftssegment herangewachsen ist“, bleibt DaWanda-Gründerin Claudia Helming im Gespräch mit neuhandeln.de dennoch gelassen (siehe Foto).

Denn Angst macht ihr die nahende Amazon-Attacke nicht. „Es gibt klare Unterschiede zwischen DaWanda und Amazon“, verdeutlicht Helming ihren Standpunkt. „DaWanda bietet Menschen eine Anlaufstelle, die eine Alternative zum industriellen Massenkonsum suchen und die Besonderheit von individuellen Produkten zu schätzen wissen.“

Amazon dagegen steht in der Tat für Massenmarkt und Mainstream. Gut möglich also, dass die Kunden des US-amerikanischen Versandriesen vielleicht in der Praxis dann doch gar keine Unikate bei Amazon kaufen – und die potenzielle Zielgruppe sich nicht mit dem globalen Big Player identifizieren kann und ausgefallene Produkte daher weiterhin lieber bei spezialisierten Wetttbewerbern wie DaWanda sucht.

An dieses Szenario glaubt man jedenfalls durchaus auch bei DaWanda. „Der klassische Amazonkunde hat wahrscheinlich andere Bedürfnisse“, argumentiert Helming gegenüber neuhandeln.de. „Er sucht nicht gezielt nach Individualisierungsoptionen oder Unikaten“, ist die Marktplatz-Gründerin überzeugt.

Neben den Kunden müsse Amazon zudem die Verkäufer erst einmal überzeugen, die bei DaWanda „optimale Rahmenbedingungen“ vorfinden würden. Im Gegensatz zu Amazon berechnet DaWanda aber eine Angebotsgebühr von 10 bis 30 Cent pro eingestelltem Artikel, wobei die Provision auf den Verkaufspreis nur fünf Prozent beträgt und damit unter den zwölf Prozent von Amazon liegt.

Auf dem Online-Marktplatz DaWanda können Verkäufer selbstgemachte Produkte anbieten. Das Portal finanziert sich über Angebotsgebühren, Werbung und Verkaufsprovisionen. Nach eigenen Angaben bieten derzeit 360.000 Designer rund 5,9 Mio. Produkte auf der Plattform an. Der Online-Marktplatz wurde 2006 gegründet und bedient neben deutschen Kunden auch Verbraucher in Spanien, Italien und UK sowie Frankreich, Holland und Polen über lokalisierte Länderversionen des Shopping-Portals.

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2 Kommentare

  1. Naja,

    da dürfte wohl ein bißchen Pfeien im Walde mit dabei sein.

    In den USA ist Handmade at Amazon doch vor nem Jahr schon gestartet und bietet mittlerweile über 500.000 selbstgemachte Produkte – und als Amazon-Kunde kann ich mich drauf verlassen bzw habe die Erwartungshaltung, dass die Abwicklung dort professionell läuft bzw ich mich bei Problemen direkt an Amazon wenden kann.

    Wie dem auch sei – es wäre natürlich schön mal Erfahrungen oder Zahlen aus den USA präsentiert zu bekommen.

  2. Ich glaube Frau Helmig war schon lange nicht mehr auf ihrer eigenen Plattform online und fühlt sich sicher.
    Auf Dawanda tummelt sich jede Menge Massenware, die Plattform läuft für Käufer und Verkäufer sehr instabil und durch interne Prozesse und Veränderungen rückt der Markt für Unikate immer mehr in den Hintergrund. Er wird eigentlich nur noch rausgeholt, wenn mal wieder für die Plattform geworben wird.
    Ich glaube, rollt Amazon-Handmade Deutschland an, werden dort viele Verkäufer ihren Fuß in die Tür halten und zweigleisig fahren und dann wird Verkauf und Service entscheiden, bei letzterem hat Dawanda Aufholbedarf.

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