Limango-Chef: „Wir wollen jetzt international richtig Gas geben“

Mit einem Netto-Umsatz von rund 129 Mio. Euro konnte der Shopping-Club Limango im vergangenen Geschäftsjahr 2015 um 40 Prozent zulegen und erstmals seit der Gründung im Jahr 2007 einen dreistelligen Millionenumsatz erzielen. Dabei soll es nicht bleiben. Denn die Otto-Tochter will ihre Umsätze weiter kräftig steigern und sieht dabei viel Wachstumspotenzial im europäischen Ausland.

Im Gespräch mit neuhandeln.de beschreibt Firmengründer Sven van den Bergh (42), was er künftig mit Limango plant und welche Learnings er bei der bevorstehenden Europa-Expansion aus dem Geschäft in Holland und Polen zieht, wo die Otto-Tochter bereits mit ihrem Shopping-Club aktiv ist.

neuhandeln.de: Limango wächst nach wie vor kräftig, aber wie steht es um die Profitabilität?

Sven van den Bergh
Sven van den Bergh (Bild: Limango)

Sven van den Bergh: „Genaue Zahlen zum EBIT kann ich nicht nennen. Wir haben aber inzwischen den Proof-of-Practice erbracht, dass man mit unserem Geschäftsmodell ein nachhaltiges Business aufbauen kann. Das erste Quartal in diesem Kalenderjahr haben wir profitabel abgeschlossen. Bei unserem Geschäft spielt uns zudem in die Karten, dass wir eine hohe Kundenbindung erreichen. So werden rund 80 Prozent aller Bestellungen bei uns von Stammkunden getätigt. Unseren Untersuchungen zufolge haben wir in unserer Zielgruppe der jungen Familien zudem eine sehr hohe Markenbekanntheit, da hierzulande bereits jede fünfte Mutter mit Kindern bis zehn Jahren schon einmal bei uns bestellt hat.“

neuhandeln.de: Trotzdem ist das Deutschland-Geschäft allein nicht mehr genug.

van den Bergh: „Unser Fokus auf die Zielgruppe der Familien unterscheidet uns von anderen Shopping-Clubs wie Vente Privée, die als Generalisten aufgestellt sind und Angebote für verschiedene Kundengruppen bieten. Wir sind überzeugt, dass unsere Fokussierung auch in anderen Ländern gut funktioniert und wir uns gut differenzieren können. Durch unseren starken Zielgruppenfokus können wir die speziellen Bedürfnisse von Familien besser adressieren als die Generalisten. In Deutschland haben wir den Beweis erbracht, so dass wir jetzt mit einem starken Partner wie der Otto-Gruppe auch international richtig Gas geben wollen.“

neuhandeln.de: In Polen und Holland ist Limango bereits seit knapp fünf Jahren aktiv.

van den Bergh: „Durch die frühe Expansion in diese beiden Länder verfügen wir heute über sehr viel wertvolle Erfahrungen, die uns den Schritt in weitere europäische Märkte erleichtern. Denn in jedem dieser Länder haben wir uns ein wenig anders aufgestellt, um die optimale Strategie für Limango bei der Europa-Expansion zu finden. In Polen haben wir ein eigenes Team vor Ort, das unter anderem die Kampagnen für den polnischen Shopping-Club plant. In Holland wiederum gibt es vor Ort nur ein regionales Sourcing-Team, während die Kampagnen zentral über unseren Firmensitz in München gesteuert werden – dann aber durchaus auch mit Native Speakern aus den Niederlanden.“

neuhandeln.de: Und welches Modell funktioniert nun besser?

van den Bergh: „Es hängt vom Land ab, aber generell sehen wir große Vorteile bei der holländischen Variante. Wir haben gemerkt, dass wir unsere Plattform, unsere Tools und viele unserer Prozesse am besten zentral von Deutschland aus für alle Ländermärkte entwickeln und so auch schneller voneinander lernen können. Für den Erfolg in den einzelnen Ländern zählt dann die richtige Mischung als lokalen und zentralen Bereichen. Für die weitere Expansion werden wir kleine, schlagkräftige Vertriebsteams mit Native Speakern haben, die jedoch zentral in München sitzen werden. Der Einkauf wird hingegen auch weiterhin regional verteilt in ganz Europa arbeiten – bereits heute kaufen wir unsere Ware zu über 50 Prozent außerhalb von Deutschland, z.B. in Italien, Spanien, Frankreich und den Nordics ein. Die Erfahrung zeigt hier, dass es gut ist, direkt vor Ort am Markt zu sein.“

neuhandeln.de: In Deutschland ist auch die Logistik von Limango – auch weiterhin?

van den Bergh: „Shopping-Clubs wie Limango ordern die Ware bei Marken und Herstellern in der Regel erst, wenn eine Verkaufskampagne abgeschlossen ist und die tatsächlichen Bestellungen der Kunden vorliegen. Erst danach bekommen wir die Ware, die wir dann wiederum an unsere Kunden versenden können. Insofern müssen auch Kunden in Deutschland bereits heute länger auf ihre Pakete warten als bei einem klassischen Online-Shop, der Produkte vielleicht schon nach einem Werktag versendet. Bei der Internationalisierung spielt uns dieses Club-Modell natürlich in die Karten, da Kunden von uns von vornherein kein Next-Day-Delivery erwarten. Unsere Erfahrung zeigt zudem, dass Kunden in Polen und Holland auch nicht viel länger auf ihre Bestellungen warten als Verbraucher in Deutschland. In strategisch wichtigen Märkten wäre es aber langfristig eine Überlegung wert, vor Ort vielleicht eigene Versandlager zu betreiben. Denn über unser Outlet verkaufen wir ja auch immer wieder Überhänge aus den regulären Verkaufskampagnen, die wir bereits auf Lager haben.“

neuhandeln.de: In die Türkei wird Limango dennoch kaum liefern.

van den Bergh: „Tatsächlich war Limango bereits im Jahr 2009 mit einer adaptierten Länder-Version des Shopping-Clubs in der Türkei gestartet. Im vergangenen Frühjahr wurde dieses Kapital allerdings wieder geschlossen. Es wäre aber falsch, daraus Rückschlüsse für die bevorstehende Europa-Expansion von Limango zu ziehen. Die Türkei war ein strategisches Testfeld für die Otto-Gruppe und für einen solchen Test eignet sich das Private-Shopping-Modell besonders gut. Im vergangenen Jahr kam man dann zu dem Schluss, dass sich das Geschäft in der Türkei aktuell nicht lohnt.“

neuhandeln.de: In welche Länder zieht es Limango dann?

van den Bergh: „Konkrete Länder kann ich momentan noch nicht nennen. Entscheidend ist bei der Auswahl, wie gut unser Profil zu dem jeweiligen Land passt und wie gut vor Ort die Infrastruktur ist. Schließlich müssen wir auch sicherstellen können, dass die Logistik reibungslos funktioniert und wir unsere Pakete zuverlässig liefern können. Gute Voraussetzungen bieten die meisten west- und nordeuropäischen Länder. Unser Ziel ist es, unsere führende Position im Private Shopping für Familien in ganz Europa auszubauen.“

Limango wurde 2007 gegründet und gehört seit 2009 zur Otto-Gruppe. Das Geschäftsmodell basiert darauf, dass Marken-Ware zu reduzierten Preisen angeboten wird. Um Begehrlichkeiten zu wecken, können die Verkaufskampagnen nur registrierte Mitglieder einsehen. Jede Aktion ist zudem zeitlich befristet, so dass Kunden bei einem konkreten Interesse schnell zuschlagen müssen. Neben diesen Verkaufskampagnen gibt es noch ein Online-Outlet, über das Limango unter anderem Retouren aus den Kampagnen verkauft. Weitere Einnahmen erzielen die Münchner über Provisionen, da Kunden auch Gutscheine für andere Shops bestellen („Deals„) und Reisen buchen („Travel„) können.

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