Experten einig: „Amazon Business wird den B2B-Markt aufmischen“

Das lag in der Luft: Nachdem Amazon in den USA bereits seit einem guten Jahr eine neue Online-Plattform für Geschäftskunden betreibt, startet der Versandriese sein B2B-Portal „Amazon Business“ nun auch in Deutschland. Schließlich testet Amazon neue Geschäftsmodelle traditionell erst in seinem Heimatmarkt, bevor dann der Roll-out in Europa startet. Ab sofort finden Gewerbetreibende daher unter amazon.de/business ein eigenes Angebot, das sich ausschließlich an Geschäftskunden richtet.

Amazon Business
Amazon Business startet in Deutschland (Bild: Screenshot)

Prinzipiell können B2B-Kunden zwar schon lange bei Amazon auch Waren für ihr Geschäft einkaufen. Mit dem Marktstart des neuen B2B-Portals nimmt Amazon nun aber Geschäftskunden erstmals richtig ins Visier.

So können B2B-Verkäufer auf dem Amazon Marketplace nun zum Beispiel ihren Geschäftskunden gesonderte Angebote mit Netto-Preisen machen oder B2B-Kunden einen Mengenrabatt gewähren.

B2B-Verkäufer können zudem den Kauf auf Rechnung anbieten, was bei (Privat-)Käufen von Marktplatz-Händlern sonst nicht möglich ist und Firmen-Kunden bislang von Amazon generell nicht angeboten wurde.

Geschäftskunden wiederum können über ein Amazon-Konto nun Einkaufsgruppen erstellen, Zahlungslimits setzen und Auftragsnummern vergeben. Zusätzlich können B2B-Kunden auch ihre eProcurement-Lösung bei Amazon anbinden, über die sie bislang ihre Einkäufe tätigen.

Peter Höschl
Peter Höschl

Gerade der letzte Punkt zeige, dass es Amazon mit dem B2B-Geschäft ernst meint – so argumentiert jedenfalls Peter Höschl, E-Commerce-Experte und Herausgeber des Info-Portals Shopanbieter.de. „Amazon wird den B2B-Markt aufmischen und überraschen“, ist er daher überzeugt.

Zustimmung erntet er von seinem Kollegen Marc Aufzug, der Geschäftsführer der Kölner Factor-A GmbH ist und in dieser Funktion sowohl Marken als auch Hersteller beim Online-Handel mit Amazon berät: „Das B2B-Geschäft von Amazon wird einen deutlichen Push bekommen.“

Zwar würden aktuell bereits gewerbliche Kunden auf Amazon bestellen. Diese stammen ihm zufolge aber bislang eher aus dem semiprofessionellen bzw. niedrigvolumigen Bereich.

„Durch neue Services wie Mengenrabatte spricht Amazon nun aber auch Großverbraucher wie mittelständische Unternehmen an, für die Amazon bisher eher uninteressant war“, analysiert er.

Thomas Lang
Thomas Lang

So argumentiert auch Thomas Lang von der Schweizer E-Commerce-Beratung Carpathia, die E-Commerce- und Multichannel-Strategien entwickelt.

„Viele Kleinbetriebe haben zwar schon lange über Amazon ihren Bedarf gedeckt“, weiß auch er. „Interessant wird Amazon nun aber erstmals für die mittleren Unternehmen, die bislang – mutmaßlich aus formalen Gründen – bei anderen Lieferanten ihre Ware beschaffen mussten.“

Hier werde Amazon Business nun punkten mit typischen B2B-Services wie Kauf auf Rechnung, MwSt-konformen Belegen und Anzeige von Netto-Preisen.

Doch nicht nur deshalb werde Amazon ihm zufolge den B2B-Markt aufmischen. „Amazon kombiniert typische B2B-Services mit dem Amazon-Service, den jedermann schon schätzt“, analysiert Lang in seinem Carpathia-Blog. „Es wird daher wenig Überzeugungsarbeit nötig sein, um B2B-Kunden zu gewinnen – denn Anwender wissen schon aus privaten Käufen, dass alles funktioniert.“

Mark Steier von Wortfilter.de
Mark Steier

Und genau an diesem Punkt sieht auch Mark Steier einen großen Vorteil für Amazon. „Amazon dürfte enorm von dem Vertrauen profitieren, das die Plattform bei privaten Konsumenten hat“, betont der Herausgeber des Portals Wortfilter.de, das sich mit dem Handel auf Amazon beschäftigt.

Amazon Business werde ihm zufolge andere B2B-Portale stark unter Druck setzen. Nicht nur, weil das Konzept in den USA bereits seine Praxistauglichkeit bewiesen hat. Sondern weil Wettbewerber ihre B2B-Kunden im Vergleich zu Amazon auch mit „einer unfassbar schlechten User Experience“ quälen.

Amazon Business ist im April 2015 in den USA gestartet und bedient dort nach eigenen Angaben derzeit mehr als 400.000 Unternehmen. Im ersten Jahr hat Amazon Business dort über eine Milliarde US-Dollar Umsatz gemacht. Die Hälfte der Bestellungen wurden über Händler auf dem Amazon-Marktplatz generiert, wie Amazon berichtet. Aktuell verkaufen 45.000 Händler über Amazon Business.

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