„Amazon Fresh“ gestartet: Mehr Zusatz-Service als Killer-Feature

Lange wurde darüber spekuliert, wann Amazon seinen Lebensmittel-Lieferservice „Amazon Fresh“ nach Deutschland bringt. Nun ist es offiziell und neun Jahre nach dem Start von „Amazon Fresh“ in den USA können nun auch Kunden in Deutschland erstmals ihren kompletten Wocheneinkauf über den Liefer-Service von Amazon erledigen. Das Angebot richtet sich zum Start allerdings nur an einen kleinen Kundenkreis, der frische Lebensmittel zudem nur zu besonderen Konditionen bestellen kann.

Amazon Fresh
Amazon liefert nun frische Lebensmittel (Bild: Amazon)

Denn zunächst ist das Angebot nur auf solche Kunden begrenzt, die eine Prime-Mitgliedschaft bei Amazon haben und dadurch schon einmal eine Pauschale von 69 Euro an den Versender zahlen – pro Jahr.

Um frische Lebensmittel zu erhalten, müssen Prime-Mitglieder obendrein noch eine Service-Gebühr von 9,99 Euro im Monat bezahlen. Dann können sich Prime-Mitglieder zwar beliebig oft in einem Monat beliefern lassen. Hier gilt aber pro Bestellung jeweils ein Mindestbestellwert von 40 Euro.

Amazon Fresh ist damit also schon einmal nichts für Spontankäufer, die nur eine Handvoll Artikel bestellen möchten.

Und wirklich günstig ist der Service auch nicht, wenn Kunden – überspitzt formuliert – erst einmal 80 Euro vor der ersten Bestellung bei Amazon liegen lassen müssen (jährliche Prime-Pauschale plus eine Monatsgebühr). Andererseits kann der Lebensmittel-Service durchaus eine Bereicherung sein für Kunden, die ohnehin bereits Prime-Mitglied sind und viel bei Amazon bestellen. Es ist aber wohl eher unwahrscheinlich, dass Amazon nur allein wegen „Amazon Fresh“ unzählige Neukunden gewinnt.

Das liegt schon mit daran, dass zum Start das Angebot regional stark eingeschränkt ist. So können sich aktuell nur Prime-Mitglieder in Teilen von Berlin und Potsdam frische Lebensmittel schicken lassen.

Zwar überlegt Amazon, den Liefer-Service in weiteren Gebieten zu starten. Das Geschäft erschweren dürfte aber, dass Kunden gerade in Ballungsgebieten bereits eine große Auswahl an Supermärkten finden. In ländlichen Regionen sieht das naturgemäß zwar anders aus. Dort dürfte Amazon zunächst aber kaum Kunden beliefern, da hier gemeinhin dann die Prozesskosten schnell zu hoch ausfallen.

eFood-Hürden: Gute Nahversorgung, fehlende Kontrolle

Den stationären Lebensmittel-Märkten dürfte Amazon daher zunächst kaum die Butter vom Brot nehmen. Das legt auch ein Blick in andere Märkte nahe, in denen Kunden schon länger online Lebensmittel bestellen können. In der Schweiz etwa sind mit Coop@Home (Start: 2006) und LeShop (1999) zwei eFood-Pioniere bereits über ein Jahrzehnt am Markt aktiv. Doch obwohl die Migros-Tochter LeShop im vergangenen Jahr ihren Umsatz um 3,5 Prozent auf 182,1 Mio. Franken (exkl. MwSt.) steigern und Coop@Home um 7,2 Prozent auf 129 Mio. Franken netto wachsen konnte, kommen beide Online-Supermärkte zusammen erst auf einen Marktanteil von wenigen Prozent.

Das bestätigt die These, dass Verbraucher nicht gerade auf solche Liefer-Services warten. Auch weil Umfragen zu Folge viele Verbraucher immer noch befürchten, dass sie bei Lieferdiensten gammelige Ware erhalten – und daher lieber weiter vor Ort kaufen möchten. Laut einer Umfrage unter 2.900 Verbrauchern durch die Beratung A.T. Kearney kaufen Konsumenten jedenfalls online keine Lebensmittel, weil sie vor allem mit den bestehenden Einkaufsmöglichkeiten zufrieden sind (66 Prozent der Befragten in Deutschland) und sie unsicher wegen der Produktqualität sind (55 Prozent).

Amazon hat zwar sicher den Vorteil, dass der Anbieter hierzulande den deutschen E-Commerce dominiert und daher über Vertrauen bei den Kunden verfügt. Bislang steht die Marke Amazon aber für ein klassisches Universalangebot – und nicht für Lebensmittel. Ob Verbraucher sich daher überhaupt von Amazon frische Lebensmittel zuschicken lassen wollen, steht damit auf einem anderen Blatt.

Aktuell hat „Amazon Fresh“ rund 85.000 Produkte im Sortiment, die Ware wird in einem Fresh-Depot im Berliner Ortsteil Tegel kommissioniert (siehe Foto). Lebensmittel verkauft Amazon prinzipiell schon seit 2010 über seinen deutschen Online-Shop. Das Angebot war bislang aber auf haltbare Produkte begrenzt. Über den Blitz-Lieferservice Prime Now können sich Prime-Kunden in München und Berlin aber seit einem Jahr bereits frische und gekühlte Lebensmittel in einer Stunde zustellen lassen.

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